Ortsbild made by Vodacom.



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// von unserem Gastautor Georg Jahnsen aus Manica/Mosambik


In Mosambik gibt es zwei Mobilfunk-Telefongesellschaften: mCEL und Vodacom. Ihr Einfluss auf das tägliche Leben in Mosambik ist in vielerlei Hinsicht enorm. Nun hat Vodacom seine Erkennungsfarbe gewechselt, und ändert mit dieser Marketingentscheidung das Erscheinungsbild ganzer Ortschaften radikal.

Vodacom now red

“Credito”
Der Verkauf von Handyguthaben ist für viele junge Männer in Mosambik eine Möglichkeit etwas Geld zu verdienen. Auf offener Strasse verkaufen sie das “Credito” in Form kleiner Papierschnipsel, auf denen man einen Freischaltcode freirubbeln muss. Telefoniert wird immer und überall, fast unabhängig vom Einkommen – und so ist das Verkaufen von “Credito” zwar eine magere doch ebenso auch eine halbwegs sichere Einnahmequelle. Neben den fliegenden Creditohändlern verkaufen natürlich auch viele kleinere Läden und Kioske, die “Bancas fixas”, dieses Handyguthaben. 
Werbeschlacht mit Hindernissen
Weil sich mit Mobilfunk so sehr viel Geld verdienen lässt, ist auch in Mosambik die Werbeschlacht der Mobilfunkanbieter um Kunden massstabssprengend, laut, schrill und allgegenwärtig. Es gibt in Mosambik keine anderen Wirtschaftszweige und keine anderen Konzerne, die in dieser Form und in dieser Grössenordnung den Anspruch haben, die gesamte Fläche des Landes mit ihrer Werbung abzudecken. Für die Marketingstrategen der beiden Konzerne ist dies eine Herausforderung, bedenkt man, dass in Mosambik funktionierende Strassen vielerorts weitgehend fehlen. Damit ist die allgemeine Zugänglichkeit und Mobilität so stark eingeschränkt, das dies ein enormes Hindernis (nicht nur!) bei der Verbreitung von Werbebotschaften darstellt.
Gratisfarbe als Werbebotschaft
Neben der Werbung im Fernsehen und der grossflächigen Werbung auf Plakatwänden, ist der Kampf der beiden Telefongiganten in Mosambik vor allem ein Kampf der Farben. Weil ein grosser Teil der potenziellen Kunden nicht lesen kann, spielen Bilder, Logos und Farben in der Werbung eine wichtige Rolle. Landesweit investieren also die beiden Telefongesellschaften einen wohl nicht geringen Teil ihrer Werbeausgaben in Wandfarbe, die den unzähligen kleinen Läden und Kiosken geschenkt wird. Und diese Gratisfarben prägen das Erscheinungsbild vieler kleiner Ortschaften und Kleinstädte.
Positives Ortsbild dank eingeschränkter Farbauswahl
Weil es nur zwei Telefongesellschaften gibt, existieren auch nur zwei Farbkombinationen für die Fassadengestaltung: Die Erkennungsfarben von mCel sind gelb und ein helles grün. Vodacom hatte als Erkennungsfarbe bislang ein dunkles blau, nun ein sattes Lippenstift-Rot. Das Ergebnis dieser eingeschränkten Farbauswahl ist ein relativ einheitliches Ortsbild. Dieses wird durch die Anziehungskraft des neuen Vodacom-Rottones noch einmal verstärkt: alle wollen jetzt ihre Läden rot haben. Das Aussehen ganzer Ortschaften ändert sich damit radikal – und das nicht einmal negativ, wie ich finde: Das leuchtende, satte Rot bildet einen faszinierenden Kontrast der Bebauung zur umgebenden, üppigen, grünen Vegetation. Der Traum des Stadtgestalters wird wahr. Die einfarbigen Volumen der Architekturen sind dem reinen Spiel des Lichtes ausgesetzt und heben sich kontrastierend von der Landschaft ab.
Gestaltungschaos wegen Überfluss
Wie schwer hat es dagegen in Deutschland ein Stadtplaner in einem neuen Wohngebiet ein “einheitliches Stadt- oder Ortsbild” zu verwirklichen. Die unzähligen Baumärkte liefern mit ihrer unendlichen Sortimentvielfalt die Hardware für die verqueren Bauherrenträume und befeuern damit das Gestaltungschaos. Um dies zu verhindern wird mit einer Gestaltungssatzung jongliert und die vielen Bauherren müssen womöglich einzeln kontaktiert werden, um dann hinterher dennoch eine dieser “Siedlungen” vorzufinden, in denen wenig zusammen passt und vieles seltsames Stückwerk individueller Einzelinteressen ist.